Anhörung zum Rohstoffmanagement am 8.9.2023 in NRW – wie geht es weiter? Ein Kommentar.

8. September 2023

Gerald Knauf vom Wissenschaftsladen Bonn e.V. war als Sachverständiger mit einer Stellungnahme im Rahmen der Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie am 8. September 2023 vor Ort.
„Statt Kies-Euro smartes Rohstoffmanagement für Nordrhein-Westfalen – Landesregierung muss neue schädliche Belastungen für Steuerzahler unterlassen“. Antrag der Fraktion der FDP, Drucksache 18/4568

Ein Kommentar von Gerald Knauf, Wissenschaftsladen Bonn e.V.

Bei der Anhörung und den eingereichten Stellungnahmen der Sachverständigen sind mir zwei Themen mit Bezug auf zirkuläres Bauen, die auch in unserem Projekt RE-BUILD-OWL von Bedeutung sind, besonders aufgefallen:

  1. Es wurde viel davon gesprochen, dass mineralische Bauabfälle in Deutschland bereits zu großen Anteilen recycelt werden. Es wird dabei von der Annahme ausgegangen, dass 2020 ca. 60 Millionen Tonnen Bauschutt anfielen. Davon wurden 47 Millionen Tonnen (78,8 %) recycelt, weitere 9,4 Millionen Tonnen (15,7 %) in Deponien verbaut oder verfüllt. Die restlichen 3,3 Millionen Tonnen (5,5 %) wurden auf Deponien beseitigt[1]. Somit werden 80 bis 90 Prozent des anfallenden mineralischen Bauschutts in Deutschland schon heute für unterschiedliche Zwecke „wiederverwertet“. Soweit sind die Zahlen auch verifiziert. Allerdings kann diese Art der Verwendung kaum als Weiterverwertung oder Recycling bezeichnete werden. Dagegen findet ein hochwertiges Recycling, insbesondere um Hochbau, kaum statt.

    Daraus wird leider von einigen Sachverständigen der Schluss gezogen, dass es bei mineralischen Sekundärrohstoffen kaum Potentiale für eine zirkuläre Bauwirtschaft gibt und die Abhängigkeit von mineralischen Primärrohstoffen auch in Zukunft unvermindert hoch bleibt.  

    Diese Betrachtung lässt jedoch außeracht, dass mit Kaskadennutzung, beginnend bei einer hochwertigen Wiederverwendung von mineralischen Baustoffen, sich ein ganz anderes Potential erschließen lässt. Kaskadennutzung heißt natürlich auch, dass irgendwann dieses Material zum Verfüllen und Straßenbau zur Verfügung steht, aber erst, wenn es technisch nicht mehr recyclebar ist. Bei jedem Abriss entstehen Materialfraktionen, die nach heutigem technischen Standard nicht wiederzuverwenden sind. Diese können zur Verfüllung und im Unterbau von Straßen hervorragend eingesetzt werden. Mit der Zeit dürfte so ein Kreislauf entstehen, der auch Material für diesen Bereich bereithält. In der Zwischenzeit ließe sich aber ein beachtlicher Anteil des Materials im zirkulären Kreislauf hochwertig weiternutzen. Es wäre also wünschenswert, wenn nicht ein Business-as-usual-Szenario propagiert wird, sondern an zukunftsweisenden und rohstoffschonenden Zielen gearbeitet wird.
  2. Viele der derzeitigen Kostenentwicklungen im Bausektor werden durch Faktoren wie Inflation, Energiepreise und eine generell sehr hohe globale Rohstoffnachfrage getrieben. Ein Großteil der Entwicklungen ist tagesaktuellen Schwankungen unterworfen. Sie wirken sich auf Primär- und Sekundärrohstoffe gleichermaßen aus, denn auch im Recyclingbereich werden Energie und Arbeitskräfte benötigt und verstärkte Bauaktivitäten führen auch zu Preiserhöhungen sekundärer Baustoffe. Um eine Lenkungswirkung für eine hochwertige Kreislaufwirtschaft zu entfalten, braucht es Instrumente, welche jenseits von Marktschwankungen die Diskriminierung zwischen Primär- und qualitativ gleichwertigen Sekundärbaustoffen reduzieren. Ein diskriminierungsfreier Markt für sekundäre Baustoffe wird der Schlüssel sein, um rohstoffschonende und kreislauforientierte Veränderungen zu befördern.

Weiterführende Informationen

Die ganze Stellungnahme vom Wissenschaftsladen Bonn kann hier nachgelesen werden:

Stellungnahme WILA Bonn (PDF)

[1] 13. Monitoring-Bericht Kreislaufwirtschaft Bau 2023, zum Nachlesen: https://kreislaufwirtschaft-bau.de

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